Vereine und Unternehmen würden nicht ohne es klar kommen: Das SEPA-Lastschriftmandat. Was es genau ist, versteht der Laie kaum. Doch beginnt man als moderner Verein Mitgliedsbeiträge über Online-Banking einzuziehen (so wie wir) oder lässt als Unternehmen das neue Dienstleistungsprodukt per Lastschrift bezahlen, so fällt einem das Unwissen auf den Fuß. Im Internet kursieren die buntesten aber auch sehr spartanischen Vorlagen, wovon viele fehlerhaft sind. Noch größere Verwirrung entsteht dadurch, dass sich die Situation 2014 und 2016 scheinbar (!) geändert hat.
Das klingt nach finanziellen Spitzfindigkeiten, die (zu Recht) als lästig empfunden werden. Blickt man jedoch auf das große Ganze, so sieht man ein durchdachtes europäisches System funktionierender Bürokratie. Das ist gut, auch wenn es nicht so klingt. Es lohnt sich diese komplizierte positive Seite der EU zu erforschen.
Im folgenden nehme ich auf folgende Fundstellen Bezug. Wer nur wissen will, was die Vorgaben für ein SEPA-Lastschriftmandat sind, der solle einfach weiter nach unten scrollen und dort die definitive Liste vorfinden (rot markiert).
- (Toter Link 2020-02-16)
Einschlägige, nicht-offizielle Website zu SEPA http://single-euro-payments-area.de/sepa-mandat-erteilung-in-deutschland - (Toter Link 2020-02-16)
EU-V 260/2012 vom 14. März 2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen
und Lastschriften in Euro […] http://single-euro-payments-area.de/wp-content/uploads/2014/05/EU-Verordnung-Nr.-260-2012.pdf - Deutscher Wikipedia-Eintrag zu „Lastschrift“ https://de.m.wikipedia.org/wiki/Lastschrift
- Regelbuch zu SEPA des European Payments Council https://www.europeanpaymentscouncil.eu/document-library/rulebooks/2017-sepa-direct-debit-core-rulebook-version-12
PDF: https://www.europeanpaymentscouncil.eu/sites/default/files/kb/file/2018-11/EPC016-06%20SDD%20Core%20Rulebook%202017%20version%201.2.pdf - Leitlinien für das Erscheinungsbild von Mandaten
https://www.europeanpaymentscouncil.eu/document-library/guidance-documents/guidelines-appearance-mandates-sepa-direct-debit-schemes
PDF:https://www.europeanpaymentscouncil.eu/sites/default/files/kb/file/2017-11/EPC392-08%20v3.0%20SDD%20Mandate%20Layout%20Guidelines.pdf - Deutsche Übersetzung der Ausdrücke im Regelbuch
https://www.europeanpaymentscouncil.eu/other/core-sdd-mandate-translations
Lastschriften sind die häufigste Form bargeldlosen Zahlens, noch vor Überweisungen. Es gab bis vor kurzem (2016) noch die Einzugsermäßigung und den Abbuchungsauftrag speziell in Deutschland. SEPA-Lastschrift existierte aber schon seit 2010 und sollte diese vollständig ersetzen. Hierbei steht SEPA für Single European Payment Area, wozu auch z.B. die Schweiz zählt. In der EU-Verordnung 260/2012 wurden die langfristig übrig bleibenen Formen SEPA-Basislastschrift und SEPA-Firmenlastschrift — Der Unterschied ist hier nicht wichtig — zusammen mit den SEPA-Überweisunegn auf eine rechtliche Grundlage gestellt. Hier wurde 2012 festgelegt, unter anderem die IBAN europaweit einheitlich vorzuschreiben. Es finden sich detailliert alle Anforderungen die bei SEPA-Überweisungen und -Lastschriften angebeben werden müssen und was die Einrichtung eines SEPA-Lastschriftmandats kosten darf (nämlich nichts). Angesprochen wird, welche Attribute der Gläubiger (Empfänger) zu seiner Bank 1 schicken muss, welche Attribute Bank 1 zu 2 schicken muss und welche Bank 2 zu 1.
Nun könnte man bei dem Detaillevel denken, dass man sich einfach an diesem grundlegenden Anforderungen für sein eigens Formular des SEPA-Lastschriftmandat für die Mitgliedsbeiträge orientieren muss. Doch tatsächlich ist im Gesetz nicht die Form des Mandats, sondern nur des Vorgangs vorgeschrieben. Ein Paradebeispiel, dass man beim Lesen von Gesetzestexten nicht übermütig werden darf. Jede Formulierung zählt.
Doch sucht man sein Heil in Sekundärquellen, so gerät man ebenfalls in die Bredouille. Es gibt nicht viele gute Erklärungen, wie die erste Website in der Liste oben. Findet man doch welche, so trägt sie meist ein Datum aus der Zeit von 2010 bis 2016. Das ist ein Problem, denn die die Situation hat sich über die Jahre grundlegend geändert und das liegt nicht zuletzt an einigen Teilen der EU-Verordnung selbst bzw. der veränderten Rolle der BIC.
Die BIC, die internationalen Bankleitzahl, war auch Teil der Verordnung, aber hatte in Überweisungen und Lastschriften eigenlich laut Plan der EU nichts zu suchen, denn die IBAN war eindeutig gestaltet. Trotzdem brauchte man sie in den Übergangszeiten der trägen Bankensysteme. Im Text steht direkt, dass es verboten ist, die BIC beim Benutzer abzufragen, wenn er eine Zahlung tätigen will — allerdings erst ab 2014 im Inland und ab 2016 überall. Ins Gesetz wurden somit direkt an mehreren Stellen Änderungen eingearbeitet. Bei Quellen, die sich indirekt darauf beziehen, bleibt unklar, welche Situation in welchem Jahr sie also beschreiben. Um zu schauen, ob die BIC auf das Mandat muss oder nicht, muss man die anderen Entscheidungsträger finden und bei Ihnen recherchieren … um dann festzustellen, dass die BIC zwar im Regelfall nicht mehr angegeben werden muss, aber das Feld für die seltenen Fälle trotzdem zwingend da sein muss. Wer und wie diese Entscheidungen getroffen und verteilt werden ist aber sehr interessant, deswegen geht es noch ein bisschen weiter in der Erklärung.
Man muss also herausfinden, welche Institutionen, das von der EU-Verordnung hinterlassene Mandatsvorschrifts-Vakuum füllen. Dank Wikipedia findet man heraus: Es ist der European Payments Council EPC, ein gemeinsames Gremien vieler europäischer Banken. Hier liegt also nicht nur ein Beispiel für fehlenden Überblick vor, sondern auch für eine Art der Arbeitsteilung auf europäischer Ebene. So verzahnt sich jede Branche mit den verschiedensten europäischen Verordnungen.
Der EPC bringt ein Regelbuch heraus, in dem die Anforderungen an die Mandatsformulare unter Abschnitt 4.7.2 verbindlich festgelegt werden. Sie wissen offenbar selbst, dass die reine Textform nicht hilfreich ist, und fügen dazu in einem separaten Dokument eine Leitlinie für das Erscheinungsbild von Mandaten hinzu, in dem die erforderlichen Felder in notwendig und optional aufgeteilt werden und visuelle Beispiele gegeben werden. Interessant dabei ist, dass in jedem Mandat rechtliche Bausteine vorgegeben sind. Und zwar exakt:
The legal wording on the mandate should be reproduced as outlined in section 4.7.2 of the SDD Core and B2B rulebooks without any alteration or omission of the wording.
Als wir unsere ersten SEPA-Lastschriftformulare erstellt haben, war uns das nicht bewusst gewesen; auch nicht, dass weitere Felder den Bereich des Lastschriftmandats nicht unterbrechen dürfen. Und es ist erstaunlich, dass der folgende Textbaustein in den meisten Vorlagen fehlt, wenn man im Internet nach PDF-Vorlagen sucht:
Note: Your rights regarding the above mandate are explained in a statement that you can obtain from your bank.
(Hinweis: Meine / Unsere Rechte zu dem obigen Mandat sind in einem Merkblatt enthalten, das ich / wir von meinem / unserem Kreditinstitut erhalten kann.)(bzw. im Originaldokument unter 4.7.2)
Furthermore, the mandate must contain the following legal wording:
“Your rights are explained in a statement that you can obtain from
your bank.”
Dummerweise sind die Rechtstexte alle auf Englisch. Eine deutsche Übersetzung wird nachgeliefert in einem letztem separaten Dokument. Echte Sorgfalt verlangt knallhartes Einlesen und Kombinieren; was wir hoffentlich vielen ersparen können, indem wir auflisten, was alles in einem Formular für ein SEPA-Basislastschriftmandat vorkommen muss.
Erforderlich zur Erstellung eines eigenen SEPA-Formulars sind:
- Exakte Überschrift „SEPA-Lastschrift-Mandat“
- „Name des Zahlungsempfänger: Unabhängige Partei„
- irgendwo auf der Seite: „Straße und Hausnummer des Zahlungsempfängers: Steinstraße 8A„
- „Postleitzahl des Zahlungsempfängers: 23996„
- „Ort des Zahlungsempfängers: Bad Kleinen„
- „Land des Zahlungsempfängers: Deutschland„
- Zeile „Zahlungsart: Wiederkehrende Zahlung“ oder „Zahlungsart: Einmalige Zahlung„
- Zeile „Gläubiger-Identifikationsnummer: DE05ZZZ00002239803„
- Zeile: „Mandatsreferenz: UP Beitrag„
- Obere Zeile mit Autorisations-Rechtsbelehrung mit den exakten Worten: „Ich ermächtige/ Wir ermächtigen (A) [Name des Zahlungsempfängers], Zahlungen von meinem/ unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich (B) weise ich mein/ weisen wir unser Kreditinstitut an, die von [Name des Zahlungsempfängers] auf mein/ unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen.“
- Obere Zeile mit Erstattungs-Rechtsbeleherung mit den exakten Worten: „Hinweis: Ich kann/ Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem/ unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.“
- [Leerfelder, minimal 5 voneinander getrennt. Siehe unten]
- Fußzeile für weitere verpflichtende Rechtsbelehrung mit den exakten Worten: Hinweis: Meine/ Unsere Rechte zu dem obigen Mandat sind in einem Merkblatt enthalten, das ich/ wir von meinem/ unserem Kreditinstitut erhalten kann/ können.
- Vorgabe: Das Mandat muss klar und deutlich von anderen Textteilen des Formulars getrennt sein. Innerhalb der festgelegten Grenzen des Mandats darf kein zusätzlicher Inhalt erscheinen.
- Vorgabe: Auf der gleichen Seite, auf der das Mandats aufgedruckt ist, müssen klare Anweisungen für den Zahlungspflichten zur Rückgabe des Formulars sein. Z. B. „Bitte reichen schicken Sie das ausgefüllte Mandat an Unabhängige Partei // Steinstraße 8A // 23996 Bad Kleinen oder übergeben es direkt dem Vorstand.„
Es fehlen nur noch eine Reihe von Leerfeldern für den „Schuldner“. Sie müssen folgendermaßen korrekt beschriftet werden:
- „Name des Zahlungspflichtigen (Kontoinhaber)„
- [entfällt ggf.: Adresse]
- „Postleitzahl/Ort“ des Zahlungspflichtigen
- „Land“ des Wohnorts des Zahlungspflichtigen
- „IBAN“ des Zahlungspflichtigen
- [entfällt ggf.: BIC]
- Unterschriftsfeld „unterzeichnet in“ (Ort und Datum)
- Unterschriftsfeld „Unterschrift(en) des Zahlungspflichtigen„
Es entfällt die Adresse und auch die BIC des Zahlungspflichtigen. Eine Ausnahme besteht, wenn er außerhalb des SEPA-Raums wohnt. Wie eingangs erwähnt ist es vom Gesetzgeber grundsätzlich nicht mehr beabsichtigt, die BIC einzufordern. In der obigen EU-Richtlinie steht ausdrücklich:
(7) Nach dem 1. Februar 2014 für Inlandszahlungen und nach dem 1. Februar 2016 für grenzüberschreitende Zahlungen fordern Zahlungsdienstleister Zahlungsdienstnutzer nicht auf, die BIC des Zahlungsdienstleisters eines Zahlers oder des Zahlungsdienstleisters eines Zahlungsempfängers anzugeben.
Sollte die Satzung des Vereins prinzipiell auch Mitgliedschaften erlauben bei einem gleichzeitigen Wohnsitz außer der EU bzw. genauer des SEPA-Raumes, dann kann man jedoch die Felder einfügen. Um es weniger nervig für die Hauptzielgruppe zu machen vielleicht folgendermaßen:
- „Adresse (wenn außerhalb von DE)“ des Zahlungspflichtigen
- „BIC (wenn außerhalb von DE)“
Die Frage nach diesen Feldern erübrigt sich jedoch, wenn das Formular mit einem Mitgliedsantrag verbunden wird, bei dem die Adresse natürlich abgefragt werden muss. Den Vorlagen des European Payment Councils zufolge sind solche kombinierten Formulare ausdrücklich erlaubt. Es muss nur, wie bereits erwähnt, auf die strikte Trennung des Inhalts geachtet werden.
Wer bis hierhin durchgehalten hat, herzlichen Glückwünsch. Für mich entwickelte sich eine seltsame Faszination für dieses bürokratische Spiel, wie es David Graeber („Bürokratie. Die Utopie der Regeln“) nennen würde.
Eric Andersen