Neodemokratie, die den Namen verdient hat

Als junge Partei hören wir uns gerne neue Ideen an. So besuchte uns ein hier nicht genannter Nutzer auf discord.neopartei.de und schrieb uns am 12.07.2019 unvermittelt einen langen Post mit Gedanken, die mehr oder weniger eine „Neodemokratie“ beschreiben. Allerdings eine, die den Namen wirklich verdient hat. Die Nachricht schlummerte einige Zeit im Chat bis sie ausgiebig am 11.08.2019 auf unserer Sonntagssitzung diskutiert wurde. Es gab reichlich Pro- und Kontra-Argumente zu der Vision. Zu finden ist die Audioaufnahme hier: https://intern.neopartei.de/index.php/s/Np2DQHCe6yCnQJ2

Hier der überarbeitete Text, für alle, die sich selbst ein Bild machen wollen.

Hallo zusammen,

Ich habe letztens beim Wandern eine Idee gehabt, welche das Wahlsystem grundlegend ändern würde. Ich bin absolut kein Experte und kann nicht beurteilen, ob das nachfolgende ein riesiger Schwachsinn ist oder ob es diese Ideen schon lange gibt. Da ich meine Idee teilen wollte und ich dieses Projekt hier anfangs beobachtet hatte, hoffe ich dass es OK ist, dass ich das hier poste. Falls es nicht angemessen ist, da es mit der Partei und den Zielen nichts zu tun hat möchte ich mich entschuldigen.

Demokratie+

Viele Menschen fühlen sich von der Regierung und den jeweiligen Parteien nicht oder nur teilweise verstanden.  Die Wahlbeteiligung ist in den letzten 30 Jahren um etwa 15 % gesunken und die Protestwählerschaft wird zunehmend größer. Bei jeder Wahl stehen immer mehr Menschen vor der  Frage welcher Partei sie ihre Stimme anvertrauen. Nur selten kann sich der Wähler komplett mit einer Partei identifizieren. Auch haben einige Parteien in verschiedenen Bereichen eine gleiche oder sehr ähnliche Ansicht.  Wähler „X“ findet Beispielsweise die Umweltpolitik der Grünen ansprechend, kann sich aber sonst mit den „linken“ Tendenzen nicht identifizieren. Bei der Flüchtlingspolitik ist er AFD-nah, das Wahlprogramm kann er sonst allerdings nicht unterstützen, da er für ein starkes Europa steht. Wähler „X“ findet bei jeder Partei also Programmpunkte, welche er ansprechend findet und andere, die ihm nicht zusagen. Durch das momentane System wird Wähler „X“ nun genötigt eine Partei zu wählen, welche beispielsweise nur zu 60 % seinen Ansichten entspricht.

Stellen wir uns nun vor, der „Wahlkampf“ spielt sich nicht mehr zwischen den verschiedenen Parteien sondern zwischen Programminhalten ab. So könnte der Wähler parteiunabhängig nach seinen Ansichten wählen. Die Parteienlandschaft, wie wir sie momentan kennen, gäbe es so nicht mehr. Es würden viel mehr Arbeitsgruppen (AGs) entstehen, in denen Politiker der gleichen Gesinnung (parteiunabhängig) oder Parteilose zusammenarbeiten würden. Es wäre die Idee Wissenschaftler und Experten in den jeweiligen Arbeitsgruppen aufzunehmen. Ziel wäre es, dass tendenziell nur Experten auf dem jeweiligen Gebiet arbeiten und nicht wie oft üblich irgendwelche Politikers die alle paar Jahre von Familienministerium zu Verteidigungsministerium etc. verschoben werden. So würde es in allen Bereichen wie Bildung, Außenpolitik, Umwelt etc. verschiedene Arbeitsgruppen geben. Bei jeder Wahl wird pro Bereich eine Arbeitsgruppe gewählt. So ist es theoretische möglich in allen Bereichen nach den eigenen Ansichten zu wählen. Natürlich würden dann die Arbeitsgruppen gewählt werden, welche dem Wähler die besten Steuerersparnisse oder Ähnliches versprechen würden. Damit es nicht dazu kommt, ist es von elementarer Bedeutung, dass die prognostizierten Steuereinnahmen sowie andere Einnahmen vom Bund vor jeder Wahl offengelegt werden. Jede Arbeitsgruppe müsste die Kosten bzw. die mögliche Einsparungen für die jeweilige Legislaturperiode bekannt geben und verifizieren lassen (Wert „G“). Der Wähler kann also den Wert “ G“ auf den verschiedenen Arbeitsgruppen aufteilen, nicht aber mehr.

Durch diese neue Form des Wahlsystems wäre es möglich, dass bei guter Arbeit einer Arbeitsgruppe diese für X Legislaturperioden im Amt bleiben. Sollte eine AG nicht den Erwartungen entsprechen, kann diese nach einer Legislaturperiode (die Länge müsste eventuell neu definiert werden) abgewählt werden und eben nicht die komplette Partei/Koalition, die in manchen Bereichen vielleicht gute Arbeit geleistet hat. Eventuell wäre es so auch möglich, dass die Politik wieder langfristiger plant und nicht nur auf X Jahre im Voraus. Die Flüchtlingspolitik braucht zum Beispiel einen langfristigen Entwicklungsplan für betroffene Länder und eben nicht eine Einmalzahlung von X Mio. € die in den korrupten Regierungen verpuffen.  Liebe Grüße und schönes Wochenende.

Das Thema „Erneuerte Demokratie/Neodemokratie“ ist zwar noch nicht in eine gesamtgesellschaftliche Diskussion übergegangen, aber findet sich vereinzelt schon in der Fachliteratur. Jemand, der früh selbstbewusst von dem Konzept Neodemokratie sprach, ist Klaus von Beyme — bei Politikwissenschaftler durch seine Bücher sehr bekannt. In „Von der Postdemokratie zur Neodemokratie“ gibt er Vorschläge für eine Demokratiereform, die von seinem Glauben an den Parteienstaat getragen sind. Er schreibt: „Fast alle hier behandelten Teilreformen können als Beiträge auf dem Weg zur Neodemokratie gewertet werden.“[S. 113] Er sträubt sich dagegen, anders als unser Discord-Besucher, eine konkrete Neodemokratie zu beschreiben und stellt sogar den analytischen Wert des Terminus „Neodemokratie“ in Frage.[S. 149] Er sieht ihn jedoch als schlagkräftigen Gegenbegriff zur grauen Postdemokratie und stellt mit seinen theoretischen Beschreibungen einen Acker bereit, auf dem andere ihre Visionen gedeihen lassen können. Möglicherweise stellt das, was wir hier sehen, einen Beginn dar, wenn auch ganz anders als in der Theorie.

Überarbeitet von Philipp R.

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